Zu kalter Frühling

Am Himmel sieht sie keine Wolken, weil er zu einer einzigen geworden ist. Genau wie die Gedanken in ihrem Kopf.

 

„Lass mich nicht allein“, dachte sie, als sie ihm gegenüber auf der Parkbank saß. Es war noch so schön warm draußen, viel zu warm für Oktober. Der Himmel viel zu blau, um nicht hinaufzuschauen. Kurz fand sie die Freiheit in den Zweigen der Birke über ihnen. Ein Moment von innerem Frieden. Finden, halten, verlieren.

 

Er aß ihr Essen auf, das sie nicht mehr wollte, und schaute sie dann an, wenn sie wegsah, aber trotzdem spürte sie seine Augen. Wie Sonnenstrahlen auf der Haut. Es kitzelte. Behutsam strich sie mit den Fingern über die Risse im Holz des Tisches, fast hätte sie sich geschnitten. Streichen, schneiden, bluten.

 

So angenehme Stille hatte sie noch nie gespürt, in ihrem ganzen Leben nicht. Man musste nicht sprechen, um sich zu verstehen, sich nicht berühren, um sich zu fühlen. Der Wind wehte ihr sanft durch die Haare und erinnerte sie daran, als sie noch tanzten.

„Ich könnte noch stundenlang mit dir da sitzen“, sagte er. Denken, sagen, lügen?

 

Jetzt sitzt sie da, auf der Bank, stundenlang, alleine. Es ist viel zu kalt für März, Schnee fällt langsam auf ihre schwarzen Stiefel und schmilzt. Mit einer Hand streicht sie über die zarten Kristalle auf dem Tisch, die Finger eisig und blutleer. Der Herbst ist einfach viel zu warm gewesen.